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Kinder haften für ihre Eltern - Probleme der "Sandwich-Generation"

Immer häufiger kommt es vor, dass Menschen zwischen 40 und 60 Jahren nicht nur ihre Kinder finanziell unterhalten, sondern auch die Eltern unterstützen müssen.

Der "Sandwich-Generation" wird viel abverlangt. Eigene Wünsche müssen zurückgestellt werden und eine geplante zusätzliche Altersversorgung ist oft nicht in ausreichendem Maße möglich, häufig mit der Konsequenz, dass man selbst im Alter finanzielle Unterstützung von Dritten benötigt.

Für viele kommt das Schreiben des Sozialamtes überraschend. Dort wird mitgeteilt, dass die Einkünfte der Mutter/des Vaters die/der im Pflegeheim XY betreut wird, nicht ausreichen, um die anfallenden Kosten zu decken. Das Sozialamt - welches zunächst die Kosten kurzfristig übernimmt - verlangt nun von den Kindern, dass sie Auskunft über ihr Einkommen und Vermögen und, falls das Kind verheiratet ist, auch über das Einkommen und Vermögen des Ehegatten erteilen.

Voraussetzung dafür, dass die Kinder in Anspruch genommen werden, ist, dass die Eltern bedürfig sind, d.h. die Kosten für das Pflegeheim nicht (mehr) zahlen können. Zunächst einmal sind die Eltern natürlich gehalten, ihr eigenes Einkommen und alles verwertbare Vermögen zu verbrauchen. Lediglich eine kleine Kapitalreserve (Notgroschen) hat den Eltern zu verbleiben und darüber hinaus teilweise auch weitere Vermögenswerte, wie beispielsweise Bestattungsvorsorgeverträge. Welches Vermögen dem bedürftigen, im Pflegeheim lebenden Elternteil verbleiben darf, ist jeweils im Einzelfall zu beurteilen.

Sollte nur ein geringes Einkommen und kein verwertbares Vermögen vorhanden sein, haften die Kinder, solange sie zur Zahlung von Elternunterhalt leistungsfähig sind.

Zunächst einmal hat dem verpflichteten Kind ein angemessener Selbstbehalt zu verbleiben. Dieser beläuft sich aktuell (2016) auf 1.800,00 EUR. Darüber hinaus ist das den Selbstbehalt übersteigende Einkommen lediglich zur Hälfte anzurechnen. Dem Ehegatten des unterhaltverpflichteten Kindes wird ein angemessener Selbstbehalt von zurzeit mindestens 1.440,00 EUR zugestanden.

Das Kind kann aber auch zum Unterhalt herangezogen werden, wenn sein Einkommen weniger als 1.800,00 EUR beträgt, das Einkommen des Ehegatten aber erheblich höher ist und daher das verpflichtete Kind nur einen geringen Anteil am Familienunterhalt zu tragen hat.

Dass Schwiegerkinder für Unterhalt nicht haften, ist daher nicht ganz korrekt, da ihr Einkommen auf jeden Fall offenzulegen ist.

Dies bedeutet, dass nicht nur das Kind zur Auskunft verpflichtet ist, sondern auch das Schwiegerkind.

Erfreulich ist, dass ein Kind, das den Eltern unterhaltspflichtig ist, in weitaus größerem Umfang als alle anderen Unterhaltsverpflichteten bestimmte Aufwendungen absetzen kann, es muss keine einschneidende Senkung seines Lebensstandards hinnehmen.

Unterhaltsleistungen, die an ein eigenes Kind zu erbringen sind, sind vorrangig gegenüber den Unterhaltsleistungen an die Eltern.

Schulden, die im Rahmen einer angemessenen Lebensführung vor Bekanntwerden der Unterhaltsverpflichtung eingegangen wurden, sind grundsätzlich zu berücksichtigen, d.h. vom Einkommen abzuziehen.

Schulden, die zwar nach Bekanntwerden der Unterhaltsverpflichtung eingegangen werden, aber der Art nach notwendig sind, sind auch anzuerkennen.

Weiter abzugsfähig sind auch Beiträge für eine zusätzliche Altersvorsorge in Höhe von bis zu 5 % des Bruttoeinkommens beim verpflichteten Kind. Für das Schwiegerkind besteht diese Höchstgrenze von 5 % des Bruttojahreseinkommens nicht, sondern diesem kann nicht verwehrt werden, auch mehr als 5 % des Bruttojahreseinkommens zu sparen. Dies, da das Schwiegerkind nicht direkt für den Unterhalt haftet. Anerkannt werden durch die Rechtsprechung auch zum Beispiel Besuchsfahrten zum Pflegeheim und zusätzliche private Krankenversicherungsbeiträge.

Es ist aber auf jeden Fall zu empfehlen, jede Versicherung, Rücklagenbildung oder sonstige Belastung anzugeben, da in einigen Fälle doch eine Anerkennung durch das Sozialamt erfolgen kann.

Das Kind hat aber für den Elternunterhalt nicht nur sein Einkommen, sondern auch sein Vermögen einzusetzen. Hierbei ist es aber so, dass dem Kind in jedem Fall eine Kapitalreserve zu belassen ist. Die Höhe der angemessenen Rücklage ist jeweils individuell zu bestimmen, eine Pauschalierung wird durch die Rechtsprechung bislang nicht angenommen.

Tröstlich für das für den Elternunterhalt in Anspruch genommene Kind ist häufig, dass es nicht alleine, sondern gemeinsam mit seinen Geschwistern haftet.

Dies haften aber nicht zu gleichen Teilen, sondern nur anteilig, entsprechend ihrer Einkommens- und Vermögensverhältnisse. Es besteht daher die Möglichkeit, dass beispielsweise von vier Geschwistern nur drei haften und diese drei auch in unterschiedlicher Höhe.

Nur in einigen Fällen kommt es vor, dass, obwohl das Elternteil bedürftig und das Kind leistungsfähig ist, Unterhalt nicht gezahlt werden muss.

Dies dann, wenn der Vater/die Mutter durch ein sittliches Verschulden bedürftig geworden ist, seine eigene Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind gröblich vernachlässigt hat oder sich vorsätzlich einer schweren Verfehlung gegen das Kind oder einen nahen Angehörigen des Kindes schuldig gemacht hat.

Der Elternunterhalt wird wegen der immer höheren Lebenserwartung und der hohen Heimunterbringungskosten auch künftig ein brisantes Thema bleiben. Die Sozialämter verfolgen die Ansprüche immer konsequenter. Es ist daher dringend anzuraten, sich für den Fall, dass eine Aufforderung des Sozialamtes auf Erteilung einer Auskunft zum Einkommen und Vermögen ins Haus "flattert", an einen Anwalt, der auf das Familienrecht spezialisiert ist, zu wenden und sich dort beraten zu lassen.

 


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